Grundlagen der Atmung

G

Synonym: Atmen, Atemtätigkeit, Respiration
Englisch: respiration, breathing
Physiologisch: 12 – 18 Atemzüge/Min.
Erhöht: Tachypnoe (>20 Atemzüge/Min.)
Erniedrigt: Bradypnoe (<12 Atemzüge/Min.)
Hilfsmittel: Stoppuhr/Uhr, Impedanzpneumographie

Die Atmung ist eine lebenswichtige Funktion des Körpers, und zählt daher zu den sogenannten Vitalzeichen. Das Atmen ist ein physiologischer Vorgang, der sowohl unwillkührlich wie auch willkührlich gesteuert werden kann. Bei Stress oder Ärger kommt es zum Gefühl der “Luftabschnürung” bei Panik und in Bedrohungssituationen empfindet der Mensch häufig eine Atemnot.

Physiologische Grundlagen

Wichtigste Aufgabe der Atmung:

  • Versorgung der Zellen mit Sauerstoff (O2)
  • Entsorgung von Kohlendioxid (CO2), das beim Stoffwechsel entsteht
Sauerstoff und Kohlendioxid

Atemvorgang

Beim Atmenvorgang gelangt Luft über die Atemwege in den Körper. Hierbei kann die Luft über die Mundhöhle (Mundatmung) oder über die Nase (Nasenatmung ➜ hier werden größere Fremdkörper durch Nasenhaare im Bereich des Naseneingangs gefiltert) eintreten.

Im Anschluß wird die Atemluft durch die Nasenhöhle, wo sie mit Hilfe der Nasenschleimhaut gereinigt, angefeuchtet und aufgewärmt wird. Über den Pharynx (Rachen) gelangt sie nun weiter zum Larynx (Kehlkopf). Hier wird, durch die Stimmbänder, die Grenze zwischen den oberen und unteren Atemwegen markiert. Unterhalb (kaudal) des Kehlkopfs beginnt die Luftröhre (Trachea) die sich distal in zwei Hauptbronchien aufteilt, dann innerhalb der Lunge weiter in zahlreiche Äste, die sogenannten Bronchien verzweigt. Aus den Brochiolen bilden sich die noch kleineren Bronchiolen.

Für den Abtransport von Fremdkörpern, die mit der Atemluft aufgenommen werden, übernimmt das respiratorischen Flimmerepithel, mit dem die Atemwege ausgekleidet sind, eine Filterfunktion.

Gasaustausch

Sauerstoffarmes Blut gelangt in die Lunge und wird hier mit Sauerstoff (O2), aus der Einatemluft, angereichert. Parallel erfolgt die Abgabe von Kohlendioxid (CO2) aus dem Blut über die Ausatmung. Für den Vorgang des sogenannten Gasaustausches gelangt die Atemluft in die Lungenbläschen (Alveolen) der Lunge, durch deren sehr dünne Membran Sauerstoff (O2) in das Kapillarnetz des Körpers gelangt und auf umgekehrtem Weg Kohlendioxid (CO2) aus dem Blut an die Lunge abgegeben und ausgeatmet wird. Für den Gasaustausch sind 3 Faktoren wichtig:

  • Belüftung der Lunge (Ventilation)
  • Durchblutung der Lunge (Perfusion)
  • Transport von O2 und CO2 Da Kohlendioxid im Blut als Kohlensäure gelöst ist, spielt die Atmung beim Säure-Basen-Haushalt eine entscheidende Rolle.
Gasaustausch in der Lunge

Innere und äußere Atmung

  • Äußere Atmung (Gasaustausch): Die Lungen nehmen lebensnotwenigen Sauerstoff (O2) aus der Atemluft auf und geben Kohlendioxid (CO2) ab. Das Produkt der äußeren Atmung ist der Atem.
  • Innere Atmung (Zellatmung): Bei diesem biochemischen Prozess werden, zur Energiegewinnung, in den Körperzellen Nährstoffe verbrannt. Das Produkt der inneren Atmung ist Adenosintriphosphat (ATP).

Im Folgenden wird außschließlich die äußere Atmung thematisiert.

Physiologie

Atemmechanik

Die Atmung ist das Resultat einer koordinierten Muskeltätigkeit, die für das Heben und Senken des Brustkorbs (Thorax ➜ Brustatmung) und des Diaphragmas (Zwerchfell ➜ Bauchatmung) zuständig ist. In Folge dieser Muskeltätigkeit entsteht ein Atemstrom, der die Atemluft durch die oberen und unteren Atemwege in die Lunge befördert. Hier findet nun der lebenswichtige Gasaustausch statt.

Einatmung (➜ Inspiration)
lateinisch: inspirare = einatmen
Englisch: inspiration, inhalation
Ausatmung (Exspiration)
lateinisch: exspirare = ausatmen
Englisch: expiration, exhalation

Bei der Inspiration (Einatmung) kommt es, durch die Tätigkeit der Atemmuskulatur und Atemhilfsmuskulatur zur Vergrößerung des Thoraxvolumens. In Folge dessen kann sich die Lunge ausdehnen und für einen Unterdruck sorgen dem Luft durch die Atemwege in die Lunge strömt. Damit sie die Lunge den Atemexkursionen (➜ wahrnehmbare Bewegungen des Brustkorbs) des Thorax anpassen kann, befindet sich zwischen der Lunge und des Brustkorb die Pleura (➜ dünne seröse Gewebeschicht, besteht aus zwei Blättern). Die Lunge wird vom Lungenfell (Pleura visceralis) umgeben. Gegenüberliegend findet man an der Innenseite des Brustkorbs, sowie auf dem Zwerchfell und dem Mediastinum (median in der Brusthöhle liegender Raum) das Rippenfell (Pleura parietalis). Beide Pleurablätter haften unter Einwirkung von Kapillarkräften wie zwei Glasplatten aneinander, zwischen denen sich der mit Flüssigkeit gefüllte Pleuraspalt (Cavitas pleuralis) befindet. Der Spalt ist somit einerseites für die Verschieblichkeit der beteiligten Strukturen zuständig, verhindert andererseits durch den Unterdruck bzw. Überdruck, der im Brustraum vorhandenen ist, ein Zusammenfallen bzw. Entfalten der Lungen.

Bei der Exspiration (Ausatmung) kommt es zur Entspannung der Atemmuskulatur und die Luft kann durch den verhandenen Überdruck durch die Atemwege ausgeatmet werden. Die Ein- und Ausatmung kann durch den bewußten Einsatz der Atemmuskulatur aktiv gesteuert werden.

Atemmechanik (Ein- und Ausatmung)

Steuerung der Atmung

Die Atmung verläuft hauptsächlich unwillkührlich durch die Steuerung des Atemzentrums in der Medulla oblongata (verlängertes Mark). Die Steuerung erfolgt durch die folgenden chemischen Prozesse:

  • H+-Ionenkonzentration des Blutes (pH-Wert Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung)
  • Kohlendioxidgehalt des Blutes (pCO2, Kohlendioxidpartialdruck)
  • Sauerstoffgehalt des Blutes (pO2, Sauerstoffpartialdruck)

Atemvolumen

Bei der Atmung unterscheidet man unterschiedliche Atemvolumina (➜ auch Lungenvolumina). Diese festen Kenngrößen geben Aufschluss über die Leistungsreserven der Lunge. Für einen normalgewichtigen gesunden erwachsenen Menschen ergeben sich folgende Werte.

BezeichnungKürzelWert (l)Beschreibung
AtemzugvolumenAZV0,4 – 0,5Volumen, das bei jedem Atemzug ein- und ausgeatmet wird
AtemzeitvolumenAMV8,0 – 10,0Produkt aus Atemzugvolumen und Atemfrequenz/Min.
Inspiratorisches ReservevolumenIRV2,5 – 3,0Volumen, das noch zusätzlich nach einer normalen Inspiration eingeatmet werden kann
Exspiratorisches ReservevolumenERV1,0 – 1,5Volumen, das noch zusätzlich nach einer normalen Exspiration ausgeatmet werden kann
VitalkapazitätVK, VC4,5 – 5,0Summe ➜ AZV, IRV und ERV
ResidualvolumenRV1,5 – 2,0Volumen, das nach max. Exspiration in der Lunge verbleibt
TotalkapazitätTK, TLC6,0 – 6,5Summe ➜ VK und RV
Funktionelle ResidualkapazitätFRK, FRC2,5 – 3,0Summe ➜ ERV und RV

Atemfrequenz

Eine feste Kenngröße der Atmung ist die Atemfrequenz, die sich wie folgt gliedern lässt:

BeschreibungAtemzüge/Min
Erwachsene12 – 15
Jugendliche16 – 20
Kleinkinderca. 25
Säuglingeca. 30
Neugeboreneca. 40

Klinik

Pathologische Atmung

ICD-10: Atemstörungen werden hier unter “Symptome, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen” mit der Kodierung R06 zusammengefasst.

  • Verminderte Atmung (Lungenbelüftung) ➜ Hypoventilation
  • Gesteigerte Atmung (Lungenbelüftung) ➜ Hyperventilation
  • Gestörte Atmung ➜ Dyspnoe
  • Beeinträchtigung des pulmonalen Gasaustausches ➜ respiratorische Insuffizienz” Atmenstillstand ➜ Apnoe

Weiter existierten eine Reihe vom Atemstörungen, bei denen eine charakteristische Beeinträchtigung der Atemtiefe und/oder des Atemrhythmus vorliegt. Hierzu zählen:

  • Kussmaul-Atmung
  • Cheyne-Stokes-Atmung
  • Biot-Atmung
  • Schnapp-Atmung
Häufige Atemstörungen

Diagnostik

Pathologische Veränderungen der Atmung werden klinisch durch die Auskultation (diagnostisches Erfassen von Körpergeräuschen mit dem Ohr) der Lunge, mit Hilfe eines Stethoskops erfasst. ➜ Abhörung: Atemgeräusche und Atemnebengeräusche

Tiefergehende Diagnosen ermöglicht die bildgebende Diagnostik der Lunge (➜ MRT, Röntgen, CT) oder eine Bronchoskopie. Eine Lungenfunktionsdiagnostik ermöglicht die systematische Überprüfung und Analyse der Atemtätigkeit und Atemfunktion.

Quellen

  • Titelbild: Arzt prüft Atmung (Freepik.com – tonodiaz)
  • Faller, A., & Schünke, M. (2016). Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion (A. Faller & M. Schünke, Hrsg.; 17. Aufl.). Thieme.
  • Elsevier GmbH, & Menche, N. (Hrsg.). (2019). Pflege Heute (7. Aufl.). Urban & Fischer in Elsevier.
  • DocCheck, M. B. (2003, Dezember 10). Atmung. DocCheck Flexikon; DocCheck Medical Services GmbH. https://flexikon.doccheck.com/de/Atmung

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Über den Autoren

Stephan Wäsche
Stephan Wäsche

Gesundheits- und Krankenpfleger
LWL-Klinik Hemer

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Von Stephan Wäsche

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