Kardiopulmonale Reanimation

K

Synonym: Herz-Lungen-Wiederbelebung
Englisch: cardiopulmonary resuscitation (CPR)

Die kardiopulmonale Reanimation dient als Oberbegriff und fasst alle Maßnahmen zusammen, die zu einer Beendigung eines Atem- und Kreislaufstillstandes führen können. Diese Maßnahmen werden wie folgt unterschieden:

Bei allen Maßnahmen gilt: Der wichtigeste Faktor einer Reanimation ist die konsequente und ohne Zeitverlust durchgeführte Herzdruckmassage.

Durchführung & Maßnahmen

Überlebenskette

Die Überlebenskette faßt alle überlebenssichernde Sofortmaßnahmen, gemäß Leitlinien des European Resuscitation Council, zusammen, die bei einer Person mit Herz-Kreislaufstillstand durchgeführt werden sollten.

  1. Situation erkennen, einschätzen und Hilfe rufen (Notruf 112) oder Reanimationsteam im klinischen Setting alarmieren
  2. kardiopulmonale Reanimation ➜ zeitnah (so früh wie möglich)
  3. Defibrillation ➜ zeitnah (so früh wie möglich)
  4. Postreanimationsphase ➜ stabile Seitenlage, Atmung und Herzschlag überwachen, Wärmeerhalt etc.; im klinischen Bereich = intensivmedizinische Betreuung sowie weitere Diagnostik und Therapie

MERKE: Eine sofortige kardiopulmonale Reanimation, das Minimieren vom Thoraxkompressionspausen und eine zeitnahe Defibrillation sind grundlegende Faktoren einer erfolgreichen Reanimation!

Basic Life Support (BLS)

Die Basismaßnahmen (Basic Life Support (BLS)) fassen die Ersthelfermaßnahmen zusammen, die beim Auffinden einer bewusstlosen Person mit Kreislaufstillstand idealerweise ohne Zeitverlust durchgeführt werden sollten: ➜ Zielpersonen/Setting: Ambulante Ersthelfer

Maßnahmen: Auffinden einer bewusstlosen Person

  • Ansprache, Prüfen der Reaktion
    Person ansprechen und Schütteln an den Schultern (ggf. Schmerzreiz am Septum setzten) ➜ Keine Reaktion? ➜ Um Hilfe rufen
  • Atmung überprüfen
    Atemwege freimachen (Kopf überstrecken, Anheben des Kinns,), die Atmung für max. 10 Sekunden überprüfen (Hören, Sehen, Fühlen)
    • Pathologische Atmung: Atemstillstand oder nur vereinzelte Atemzüge, Schnappatmung ➜ Reanimation nötig
    • Normale Atmung: Patienten in die stabile Seitenlage bringen die die Atmung regelmäßig kontrollieren
  • Notruf absetzen (lassen): 112 und, falls möglich, AED (Automatisierter externer Defibrillator) holen lassen
  • Herzdruckmassage und Beatmung
    Zeitnaher Beginn der kardiopulmonalen Reanimation ➜ 30 Thoraxkompressionen gefolgt von zwei Beatmungen (30:2), sind mehrerer Ersthelfer vor Ort sollte ein regelmäßiger Wechsel erfolgen (Ermüdung, Überanstrengung)
  • AED verfügbar: Alle 2 min Rhythmusanalyse, ggf. Defibrillation
    Elektroden anbringen und Herzrhythmus analysieren, Anweisungen des Gerätes befolgen,
    wurde ein Schock empfohlen ➜ Person nicht berühren und Schock auslösen, anschließend sofort mit der Herzdruckmassage und Beatmung (CPR 30:2) fortfahren
  • Fortführen der kardiopulmonalen Reanimation
    • bis zum Eintreffen professioneller Hilfe
    • bis zur Reaktion der betroffenen Person
    • bis zu Erschöpfung aller Ersthelfer

WICHTIG! Thoraxkompressionenmüssen immer priorisiert werden und bestenfalls nicht, oder nur kurz unterbrochen werden ➜ Richtwert < 5 Sekunden!

Advanced Life Support (ALS)

Die erweiterten Maßnahmen (Advanced Life Support (ALS)) der kardiopulmonalen Reanimation fassen, neben den grundlegenden Maßnahmen (siehe Basic Life Support (BLS)), weitergehende Handlungsabläufe zusammen, die durch geschultes oder ausgebildetes Fachpersonal durchgeführt werden. Hierzu zählen beispielsweise: Intubation, Defibrillation, Medikamentengabe: ➜ Zielpersonen/Setting: Medizinisches Fachpersonal (Krankenhaus, Rettungsdienst, MVZ)

Erweiterte Reanimationsmaßnahmen

  • Reanimationsbeginn (➜ keine Reaktion, keine normale Atmung)
    • Vorherige Palpation des Karotispulses: Empfohlen nur für medizinisches Fachpersonal im Rahmen der innerklinischen Reanimation ➜ auf Karotissinusreflex achten
    • Herzdruckmassage (30 Thoraxkompressionen) und Beatmung (2 Beatmungen) ➜ zyklische und kontinuierliche Wiederholungen
  • Einleiten weiterer Maßnahmen (parallel zur CPR)
    • Defibrillatior vorbereiten, Elektroden platzieren und anschließen
    • Erweiterte Maßnahmen zur Atmung / Beatmung veranlassen ➜ Gabe von 100% Sauerstoff (O2), Guedel-Tubus und Beatmungsbeutel (z.B. AMBU-Beutel®), Endotracheale Intubation oder Anlage einer supraglottischen Atemwegshilfe (Larynxmaske oder -tubus) und Kapnografie ➜ Atemweg gesichert = Durchgehende Thoraxkompression und zeitgleiche Beatmung (10×/min mit 500 ml)
    • Zugänge für die Medikamentengabe legen ➜ bevorzugt intravenös (i.v.), alternativ intraossär (i. o.)
  • Notfall-EKG und ggf. Schock- und Medikamentengabe
    • Defibrillierbarer Rhythmus vorhanden (Kammerflimmern, pulslose VT (Ventrikuläre Tachykardie))
      • 1x Schock (Defibrillation mit mind. 150 Joule biphasisch), anschließend sofortiges Fortführen der CPR, vorsorgliches Laden des Defibrillators, nach 2 Minuten kardiopulmonalen Reanimation erneut Notfall-EKG-Diagnostik, ggf. erneute Defibrillation (Zyklus stetig wiederholen)
      • Gabe von Adrenalin (1 mg) intravenös (i.v.) oder intraossär (i.o.) nach der 3. Schockabgabe, anschließend alle 3 bis 5 Minuten (nach dem 5., 7., 9. Schock)
      • Gabe von Amiodaron (300 mg) nach der 3. Schockabgabe (ggf. nach dem 5. Schock erneute Gabe von 150 mg)
      • Bei Torsade de Pointes (Sonderform der ventrikulären Tachykardie mit schraubenförmig um die Nulllinie gewundenen Kammerkomplexen) ➜ Magnesiumgabe
    • Nicht-defibrillierbarer Rhythmus vorhanden (Asystolie, pulslose elektrische Aktivität (PEA))
      • Nach 2 minütiger kardiopulmonalen Reanimation erneute Notfall-EKG-Diagnostik: Bei Kammerflimmern oder pulsloser VT im Notfall-EKG ➜ Sofortige Defibrillation! Zyklus kontinuierlich wiederholen
      • Gabe von Adrenalin (1 mg) intravenös (i.v.) oder intraossär (i.o.) wenn entsprechende Gefäßzugänge vorhanden sind, anschließend alle 3–5 min
  • Verlaufsabhängig
    • Bei Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs (ROSC = „Return of Spontaneous Circulation“) ➜ Postreanimationsphase
    • unter Umständen extrakorporale Unterstützungssysteme einsetzen
      z.B. VA-ECMO = veno-arterielle extra-corporale Membranoxygenierung oder ECLS = Extracorporeal Life Support System
    • Kein einsetzender Spontankreislauf
    • Informieren der Angehörigen veranlassen / vornehmen

Reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands (4 H und 4 T)
4 H ➜ Hypoxie, Hypovolämie, Hypo-/Hyperkaliämie und Hypo-/Hyperthermie
4 T ➜ Tamponade (Perikard), Toxine, Thrombose (Lungenarterien oder Herzkranzgefäße), Tension (Spannungspneumothorax)

Herzdruckmassage und Atemspende

Kardiopulmonale Reanimation

Technik der Herzdruckmassage

  • Seitlich neben die zu reanimierende Person knien
  • Handballen im unteren Drittel auf dem Brustbein (Sternum) platzieren (beide Hände übereinander, Finger verschränken)
  • Senkrecht über Brust des Patienten beugen, Arme gestreckt halten

Druckpunkt finden und richtige Körperhaltung bei der Herzdruckmassage
  • Thoraxkompressionen
    • Thoraxkompression nach Möglichkeit auf festen Untergrund vornehmen! Jedoch sollte die Herzdruckmassage nicht durch aufwändige Umlagerungen verzögert werden!
    • Tiefe der Kompression: min. 5 cm tief, jedoch nicht tiefer als 6 cm
    • Nach jeder Kompression vollständige Entlastung des Brustkorbs (ohne Verlassen des Druckpunktes) ➜ dem Herz die Möglichkeit des Füllens geben
    • Frequenz: 100 – 120 Kompressionen/Min.
    • Idealerweise mit 2 Personen im Wechsel von 2 Minuten und ohne lange Pausen Reanimieren (Erschöpfungen sollen so vermieden werden)
Kompression und Entlastung bei der Herzdruckmassage

MERKE: Zum Einhalten der Kompressionsfrequenz von 100 – 120 Kompressionen/Min., sollte man zwei Musiktitel im Kopf abspielen: „Highway to Hell“ von AC/DC und/oder „Stayin’ Alive“ von den BeeGees. Beide Songs haben zwischen 100 und 120 Schläge pro Minute – und somit den perfekten Rhythmus für eine Herzdruckmassage.

Technik der Atemspende (Mund-zu-Nase-Beatmung)

  • Öffnen der Atemwege: Kopf überstrecken und Kinn anheben
  • Den Mund des Patienten mit dem Daumen verschließen
  • 2 Atemspenden durchführen: Tief einatmen, Nase der betroffenen Person mit den Lippen umschließen und die eigene Atemluft in den Patienten atmen ➜ Dauer je Atemspende ca. 1 Sekunde
    • Erfolgreiche Atemspende überprüfen: Der Brustkorb sollte sich während der Beatmung leicht anheben
Atemwege durch Überstrecken des Kopfes frei machen

CAVE: Die Thoraxkompression sollte für die 2 Atemspenden nicht länger als 5 Sekunden unterbrochen werden!

Defibrillation

Zur Durchführung einer Defibrillation muss zwingend ein defibrillierbarer Rhythmus vorliegen ➜ Kammerflimmern oder pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT)

Ablauf

  1. Herzdruckmassage
  2. Anbringen der Klebeelektroden
  3. Hände zur Notfall-EKG-Diagnostik vom Patienten nehmen
  4. Herzdruckmassage fortsetzen
  5. Defibrillator aufladen
  6. Hände zur Schockgabe vom Patienten nehmen
  7. Eine Schockabgabe veranlassen
  8. umgehend mit der Herzdruckmassage fortfahren

Liegt ein Kammerflimmern oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie vor, sollte eine sofortige Defibrillation (ohne vorherige Herzdruckmassage) mit bis zu drei schnell aufeinanderfolgenden Schocks erfolgen.

Positionieren der Elektroden

  • Anterior-lateral (anterolateral, sternal-apikal) ➜ 1. Wahl
  • Anterior-posterior ➜ 2. Wahl
  • Herzschrittmacherimplantat ➜ mehr als 8 cm Abstand zum Implantat beachten
Positionierung der Defibrillator-Elektroden

Energiemengen

  • Erwachsene: mind. 150 Joule bei der ersten Schockabgabe ➜ Verwendung von 150–360 Joule bei allen weiteren Schockabgaben
  • Kindern: bi- und monophasisch ➜ 4 Joule/kgKG (kgKG = Kilogramm Körpergewicht), bei anhaltender VT/VF (mehr als 6 erfolglose Defibrillationsversuche) ➜ 6 – 8 Joule/kgKG

CAVE: Eine Defibrillation kann bei den Ersthelfern Kammerflimmern auslösen! Daher sollte bei der Schockgabe keine Berührung des Patienten oder leitfähiger Gegenstände stattfinden!

Automatisierter externer Defibrillator (AED)

Bei dem Automatisierten Externen Defibrillator handelt es sich um ein durch Laien bedienbares Geräte das den Herzrhythmus analysieren kann. Liegt eine defibrillierbare Rhythmusstörung vor, ermöglicht die integrierte Defibrillation eine Schockabgabe. Eine Anwendung des AED ist auch bei Kindern ab 8 Jahren möglich.

Automatisierter externer Defibrillator (AED)

Wichtige Handlungsabläufe

  • Platzierung der Klebeelektroden anterior-lateral (Sternum, Apex cordis), Sprachführung bzw. Bildschirmanweisungen und Bedienungsanleitung beachten
    • Alternative Platzierung: Anterior-posterior
  • Analyse des Herzrhythmus ➜ erfolgt alle 2 Minuten (während der Analyse den Patienten nicht berühren!)
  • Empfohlene Schockabgabe ➜ Es darf keine Patientenberührung stattfinden, Schock über den Auslöseknopf veranlassen
  • Unterbrechungen der Herzdruckmassage zur Defibrillation so kurz wie möglich halten

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Über den Autoren

Stephan Wäsche
Stephan Wäsche

Gesundheits- und Krankenpfleger
LWL-Klinik Hemer

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Von Stephan Wäsche

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